Die Warnungen vor der chinesischen Antwort auf die US-Sanktionen gegen Huawei und andere Unternehmen waren seit über einem Jahr unüberhörbar.
Kaum ein Exportkontroll-Blog kam ohne ein Raunen über diese ominöse Liste auf, Interessenten fragten schon bei uns an, ob die Liste im Angebot sei.

Vorab: Nein, die Liste gibt es noch nicht.

Was es seit Ende September gibt, sind Vorschriften des Wirtschaftsministeriums „MOFCOM“, die Einiges aufklären:

1. Wie kommt man auf die Liste?

Das ist, wie meistens bei Sanktionen, eine Frage der Politik. Entweder muss ein Unternehmen die nationale Sicherheit, Souveränität oder Entwicklung gefährden. Oder, und hier wird’s relevant, ein Unternehmen stellt seine Geschäftsbeziehungen zu einer chinesischen natürlichen oder juristischen Person ein, und zwar auf eine die „normalen Marktgegebenheiten verletzende Weise“ und der chinesischen Person „ernsthafte Verletzungen ihrer legitimen Rechte und Interessen“ zufügend. Also zum Beispiel wenn sich ein Unternehmen an US-Sanktionen hält und etwa Huawei nicht mehr mit US-Gütern beliefert….

2. Wer entscheidet, wer auf die Liste kommt?

Das wird ein Gremium namens „Working Mechanism“ sein, welches aus den „relevanten zentralen Abeilungen“ besetzt wird.

3. Welches sind die Konsequenzen einer Listung?

Der Katalog der möglichen, individuell verhängten Sanktionen umfasst u. a. Import- und Exportbeschränkungen mit China, Investitionsverbote, Einreise- bzw. Arbeitsverbote für Angestellte des gelisteten Unternehmens, Geldstrafen und „andere, notwendige Maßnahmen“.

Ein auf der Unreliable Entity List befindliches Unternehmen kann eine Streichung von der Liste beantragen, der „Working Mechanism“ entscheidet dann darüber.

Ob und wann die Liste mit Unternehmen gefüllt wird, hängt sicherlich von der weiteren Entwicklungen im US-chinesischen Handelskrieg ab. Beobachter der chinesischen Wirtschaftspolitik gehen nicht davon aus, dass sich die Chinesen mit einer voreiligen Listung ins eigene Fleisch schneiden werden. Dazu sind die gegenseitigen Verflechtungen z. B. mit AMD oder Intel, aber auch Apple oder Microsoft, zu stark. Sicher scheint, dass vornehmlich US-amerikanische Unternehmen betroffen sein könnten, möglicherweise Unternehmen wie Lockheed Martin, die Waffendeals mit Taiwan eingegangen sind, oder starke Konkurrenz auf wichtigen IT-Feldern wie Cisco oder Dell.

Fazit: Keine Panik, Deutsche Unternehmen bleiben wahrscheinlich erstmal verschont. Und die momentan verfügbaren Regelungen haben nur Auswirkungen auf den Zugang der gelisteten Unternehmen zum chinesischen Markt. Für nicht-Chinesen bleibt eine Listung erst einmal ohne Konsequenzen.

One Thought to “Die chinesische „Unreliable Entity List“: Echte Bedrohung für europäische Unternehmen oder Papiertiger?”

  1. […] unserem vorletzten Blog-Beitrag beschäftigten wir uns mit der „Enreliable Entity List“ und spekulierten darüber, wen […]

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